FPÖ-Chef Norbert Hofer fürchtet sich nicht vor Corona: „Corona ist nicht gefährlich. Da ist der Koran gefährlicher“, so sein Sager anlässlich einer Wahlkundgebung in Wien am 16. Juni 2020. Aufgrund von Protesten und Anzeigen wegen Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren, ruderte Hofer zwei Tage später zurück. Es gehe ihm um die Auslegung des Korans, da man auch in der Bibel kritische Textstellen finde. „Aber wir haben Humanismus und Aufklärung erlebt.“

Als „Plattform Christen und Muslime“ verurteilen wir aufs Schärfste, dass Hofer die zentrale Offenbarungsschrift des Islams, und d.h. einer Weltreligion, mit einer tödlichen Seuche wie Corona vergleicht, womit erneut Feindseligkeit gegen eine ganze Religionsgemeinschaft geschürt wird. Solche Aussagen eines früheren Präsidentschaftskandidaten zeigen einen erschreckenden religiösen Analphabetismus, denn einerseits liegt dem Koran wie der Bibel ein humanes Ethos zugrunde; andererseits ist keine Religion dieser Welt vor Missbrauch gefeit. Daher verbietet es sich, das Christentum gegen den Islam auszuspielen.

Norbert Hofer scheint auch entgangen zu sein, dass die sogenannte Aufklärung auch für ausbeuterischen Kolonialismus und überheblichen Rassismus verantwortlich zeichnet. Pauschalurteile, welcher Art immer, dienen nur dazu, eine Gesellschaft zu spalten, und sollten um des friedlichen Zusammenlebens willen unterlassen werden.

Zudem hat Norbert Hofer offenbar keinerlei Informationen über den Interreligiösen Dialog in Österreich und auch über die bisherigen Bemühungen der österreichischen Musliminnen und Muslime für ein besseres Miteinander und für den sozialen Zusammenhalt. Dafür setzt sich auch die „Plattform Christen und Muslime“ ein.

Es sei dahingestellt, ob der neuerliche Angriff auf die islamische Religion als Manöver der Ablenkung vom derzeit verhandelten Ibiza-Skandal dienen will. Sollte Norbert Hofer tatsächlich Morddrohungen von muslimischer oder politischer Seite erhalten, dann verurteilen wir diese strafbare Handlung ebenso mit aller Schärfe.

Susanne Heine und Tarafa Baghajati
– Vorsitzende –

Begriff Politischer Islam im österreichischen Verfassungsschutzbericht
Zum ersten Mal wird der Begriff „politischer Islam“ im österreichischen Verfassungsschutzbericht verwendet. Mangels einer ausreichenden Definition muss hier der Bericht selbst als Maßstab dessen dienen, was damit gemeint ist. Es wird ausgeführt, dass es sich hierbei um „islamistische Akteure“ handle, die nicht nur Aufgaben des alltäglichen religiösen Lebens, „wie etwa den Betrieb von Gebetsräumen (Moscheen), das Angebot von muslimischem Religionsunterricht an Schulen, die Durchführung einer muslimischen Religionslehrerausbildung an Hochschulen oder die Organisation von muslimischen Begräbnissen“ wahrnehmen. All diese religiös-theologischen Aufgaben dürfen in Österreich – mit wenigen, gesetzlich verankerten Ausnahmen – ausschließlich von gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften wahrgenommen werden! Es erfüllt mich mit Unbehagen, dass in der österreichischen Diskussion mittlerweile festgehalten werden muss, dass ganz normale, alltägliche rituelle Handlungen, keinen Extremismus begründen.

Ebenso wird MuslimInnen abgesprochen, sich politisch und gesellschaftlich zu engagieren, da dies ein – gemeint wohl: fiktives – Opfer-Narrativ schüren könnte. Es soll also MuslimInnen negativ zugerechnet werden, wenn sich diese gegen unbegründete Angriffe wenden – mit juristisch-legalen Mitteln, die jedem Menschen in unserem Land zustehen. Dies spalte die Gesellschaft, so impliziert der Bericht. Das ist eine bemerkenswerte Aussage! Es spaltet also nicht die Gesellschaft, wenn sich rechtsextreme und rechtspopulistische Politiker eine Religion als Feindbild frei auswählen, sondern die Betroffenen, die sich dagegen wenden, spalten die Gesellschaft.

Wir – das offizielle Österreich und die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich – können und sollten an einem Strang ziehen, denn wir haben dieselben Interessen, dieselben Anliegen und vertreten dieselben Menschen.

Wir sollten gemeinsam vorhandenen, gefährlichen Strömungen des religiösen Extremismus entgegentreten und nicht Ressourcen in einem sinnlosen Gegeneinander verschwenden.

 

Das Internationale Dialogzentrum (KAICIID) hat ein neues Toolkit entwickelt, mit dem die erfolgreiche langfristige Integration von Menschen gefördert wird, die in Europa auf der Flucht sind. Es liefert Organisationen, die mit Geflüchteten arbeiten, die notwendigen Ressourcen, um einen interaktiven Kurs zum Thema Dialog in 13 Modulen anzubieten. In diesem Kurs lernen Menschen auf der Flucht, ihren Integrationsprozess proaktiv zu gestalten und handlungsfähig zu werden.

KAICIID arbeitete dafür in Österreich mit wichtigen Partnern wie der Caritas Wien, Human Relief und dem Roten Kreuz Wien zusammen, um Integrationslücken zu schließen und den Bedarf der KlientInnen abzudecken.

Während viele Bemühungen sich bisher darauf richteten, Geflüchtete und MigrantInnen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, konzentriert sich KAICIIDs einjähriges Pilotprojekt Integration durch Dialog darauf, die Neuankommenden in allen Bereichen ihres Gastgeberlandes zu integrieren: Mithilfe von Dialogkompetenzen können sie das neue Rechtssystem verstehen, eine neue Sprache lernen und mit der Kultur des Gastgeberlandes in Kontakt kommen.

Die vier Dialogbegleiterinnen des Projekts haben einen Migrationshintergrund und sind in Österreich erfolgreich integriert. Sie setzten sich dafür ein, Dialogsitzungen in Unterkünften in ganz Wien zu organisieren und mit zertifizierten Deutschkursen zu kombinieren. Nach Abschluss des Projekts gaben 80 % der ursprünglich 160 Teilnehmer an, dass sie ein verbessertes Verständnis der österreichischen Institutionen und Kultur des Landes gewonnen haben.

Die Inhalte wurden zwar für Projektteilnehmer in Österreich konzipiert, jedes Modul kann aber ganz einfach für die allgemeine Nutzung angepasst werden.

Im Toolkit sind die folgenden drei Ressourcen enthalten:

  • Ein Handbuch mit Begleitungsanleitung, Projektmethodik und Modulaufbau.
  • Materialien für die Aktivitäten einschließlich interaktiver Spiele, die auf die Lernziele der Module abgestimmt sind
  • Beispielarbeitsblätter mit Ressourcenlisten zu verschiedenen Themen wie Gesundheitswesen, Hilfe bei Missbrauch und Schulungs- und Bildungsmöglichkeiten.

Das gesamte Toolkit kann kostenlos auf der KAICIID-Website heruntergeladen werden. Es steht auf Englisch und Deutsch zur Verfügung.

Jacinda Ardern ist Premierministerin von Neuseeland und seit 2017 Parteivorsitzende der sozialdemokratischen Partei. In den Tagen nach dem rechtsextremen Terroranschlag von Christchurch beweist sie Stärke und drückt den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus. Sie gibt der Trauer und dem Schmerz einer ganzen Nation ein Gesicht. So auch in ihrer Rede vor dem Parlament am 19. März 2019.

Herr Vorsitzender!

Al salam Alaikum. Friede sei mit dir. Und Friede sei mit uns allen.

Herr Vorsitzender, der 15. März wird nun für immer ein Tag in unserem kollektiven Gedächtnis sein. An einem ruhigen Freitagnachmittag stürmte ein Mann in einen Ort des friedlichen Gebets und nahm 50 Menschen das Leben. Dieser ruhige Freitagnachmittag ist zu einem unserer dunkelsten Tagen geworden.

Aber für die betroffenen Familien war es mehr als das. Es war der Tag, an dem der einfache Akt des Gebets – die Ausübung des muslimischen Glaubens und Religion – zum Verlust der Leben der eigenen Familienmitglieder und Angehörigen führte. Diese Angehörigen waren Brüder, Töchter, Väter und Kinder. Sie waren Neuseeländer. Sie sind wir.

Und weil sie wir sind, trauern wir als Nation um  sie. Wir fühlen uns ihnen gegenüber verpflichtet. Und Herr Vorsitzender, es ist uns ein innerstes Bedürfnis zu zeigen. wie wichtig sie uns sind. Eine der Rollen, die ich nie erwartete und hoffte, dass sie mir zu teil wird, ist es, den Kummer einer ganzen Nation ausdrücken zu müssen. Aber wichtiger noch ist es, sicherzustellen, dass wir uns um die Betroffenen kümmern und die Sicherheit Aller garantiert ist. Und in dieser Rolle wollte ich mich direkt an die Familien wenden.

Eure Trauer ist unvorstellbar für uns, aber wir möchten euch auf jedem Schritt dieses Weges begleiten. Wir möchten das. Und wir werden euch mit Aroha (Māori für Liebe), Manaakitanga (Rückhalt) und allem umgeben, was uns zu uns macht. Unser Herz ist schwer, aber unser Geist ist stark.

Herr Vorsitzender, 6 Minuten nach einem Anruf, der die Polizei auf die Schießereien in der Al-Noor-Moschee aufmerksam gemacht hatte, war die Polizei am Tatort. Die Verhaftung selbst war nichts weniger als ein Akt der Tapferkeit. Zwei Landpolizisten rammten das Fahrzeug, aus dem der Täter noch geschossen hat. Sie öffneten seine Autotür, als sich Sprengstoff darin befand, und zogen ihn heraus.

Ich weiß, dass wir alle anerkennen, dass die Polizei mit ihren Taten die Sicherheit der Neuseeländer über ihre Eigene gestellt hat. Und wir danken ihnen dafür. Aber sie waren nicht die Einzigen, die außergewöhnlichen Mut gezeigt haben.

Naeem Rashid, ursprünglich aus Pakistan, starb, nachdem er auf den Terroristen gestürmt ist und versucht hatte, ihm die Waffe zu entreißen. Er verlor sein Leben als er versuchte, die zu retten, die neben ihm beteten.

Abdul Aziz, ursprünglich aus Afghanistan, stellte sich dem bewaffneten Terroristen gegenüber – nur mit einem nächstgelegenen Gegenstand bewaffnet, den er gefunden hatte – eine einfache Kreditkarten-Maschine. Er riskierte sein Leben und rettete zweifellos viele mit seinem selbstlosen Mut.

Es wird unzählige Geschichten geben, von denen wir einige vielleicht nie erfahren werden. Aber wir möchten ihnen allen sagen: Hier an diesem Ort, in diesem Haus, würdigen wir jede einzelne.

Das Ausmaß wurde vielen von uns erst bewusst als wird die Bilder der Rettungskräfte sahen, wie sie die Opfer ins Krankenhaus von Christchurch brachten.

An die Ersthelfer, das Rettungspersonal und die Angehörigen der Gesundheitsberufe, die geholfen haben und weiterhin helfen: Bitte nehmen Sie den herzlichen Dank von uns allen entgegen. Ich habe Ihre Fürsorge und Ihre Professionalität vor dieser schweren und außergewöhnlichen Herausforderung mit eigenen Augen gesehen. Wir sind stolz auf Ihre Arbeit und unglaublich dankbar.

Herr Vorsitzender, wenn Sie gestatten, würde ich gerne über einige der Sofortmaßnahmen sprechen, die insbesondere zur Gewährleistung der Sicherheit unserer muslimischen Gemeinschaft und allgemeiner zur Gewährleistung der Sicherheit aller gelten. Als Nation bleiben wir in höchster Alarmbereitschaft. Derzeit gibt es keine spezifische Bedrohung, aber wir bleiben wachsam. Leider haben wir in Ländern, die die Schrecken des Terrorismus besser kennen als wir, gesehen, dass es in den folgenden Wochen ein Muster zunehmender Spannungen und Handlungen gibt, was bedeutet, dass wir sicherstellen müssen, dass wir stets wachsam bleiben.

In Christchurch gibt es eine zusätzliche und fortlaufende Sicherheitspräsenz. Wie die Polizei bereits angedeutet hat, wird die Polizei in Moscheen im ganzen Land präsent sein, solange ihre Türen geöffnet sind. Wenn sie geschlossen sind, befindet sich die Polizei in der Nähe.

Es wird ein großer Fokus darauf gelegt, die Bedürfnisse der Familien sicherzustellen. Das muss unsere Priorität sein. In der Nähe des Krankenhauses in Christchurch wurde ein Gemeindezentrum eingerichtet, um sicherzustellen, dass die Leute wissen, wie sie auf Unterstützung zugreifen können.

Visa für Familienmitglieder im Ausland werden priorisiert, damit sie an Begräbnissen teilnehmen können. Die Begräbniskosten sind gedeckt, und wir haben schnell reagiert, um sicherzustellen, dass auch die anfallenden Kosten gedeckt sind, falls Angehörige ihre Verstorbenen außer Landes bringen möchten.

Wir arbeiten daran, psychische und soziale Unterstützung zu bieten. Die Nummer 1737 erhielt gestern rund 600 SMS-Nachrichten und Anrufe. Sie dauern im Durchschnitt etwa 40 Minuten und ich empfehle jedem Betroffenen, diese Dienste in Anspruch zu nehmen. Wir sind für Sie da.

Unser Sprachendienst hat auch Unterstützung von mehr als 5.000 Kontakten zur Verfügung gestellt, um sicherzustellen, dass Sie die soziale Unterstützung in Ihrer gewünschten Sprache erhalten. Wir danken allen, die an diesem Service arbeiten.

Unsere Sicherheits- und Nachrichtendienste erhalten laufend neue Informationen. Wie schon in der Vergangenheit werden diese äußerst ernst genommen und weiterverfolgt.

Ich weiß zwar, Herr Vorsitzender, dass es zu Recht Fragen gab, wie das alles hier geschehen konnte. An einem Ort, der stolz darauf ist, offen, friedlich und vielfältig zu sein. Und es gibt Wut, dass es hier passiert ist. Es gibt viele Fragen, die beantwortet werden müssen. Und ich versichere Ihnen, dass wir das auch tun werden.

Das Kabinett hat gestern zugestimmt, dass die Vorfälle untersucht werden, die zu dem Angriff am 15. März geführt haben. Wir werden prüfen, was wir wussten, hätten wissen können oder wissen sollen. Wir können nicht zulassen, dass so etwas erneut geschieht.

Zur Gewährleistung der Sicherheit der Neuseeländer gehört auch eine offene Prüfung unserer Waffengesetze. Wie ich bereits gesagt habe, werden sich unsere Waffengesetze ändern. Das Kabinett traf sich gestern und traf 72 Stunden nach dem Angriff grundsätzliche Entscheidungen. Bevor wir uns am nächsten Montag wieder treffen, werden diese Entscheidungen bekannt gegeben.

Herr Vorsitzender, es gibt eine Person, die im Zentrum dieses Terroranschlags gegen unsere muslimische Community in Neuseeland steht. Ein 28-jähriger Mann, ein australischer Staatsbürger, wurde wegen Mordes angeklagt, weitere Anklagen werden folgen. Er wird die volle Härte unserer Gesetze in Neuseeland zu spüren bekommen. Die Familien der Ermordeten werden Gerechtigkeit erfahren. Der Täter hat mit seinem Terrorakt mehrere Ziele verfolgt. Eines davon war, berühmt zu werden. Und das ist, warum Sie niemals seinen Namen aus meinem Mund hören werden. Er ist ein Terrorist. Er ist ein Verbrecher. Er ist ein Extremist. Aber er wird, wenn ich spreche, namenlos bleiben. Ich appelliere an Sie alle: Nennen Sie die Namen der Opfer. Nicht den Namen jenes Mannes, der ihnen das Leben geraubt hat. Er wollte zur Legende werden. Aber wir in Neuseeland werden ihm nichts geben. Nicht einmal seinen Namen.

Herr Vorsitzender, wir werden uns auch mit der Rolle der sozialen Medien befassen und welche Schritte wir unternehmen können, auch auf internationaler Ebene und im Einklang mit unseren Partnern. Es ist keine Frage, dass Ideen und Sprache der Spaltung und des Hasses seit Jahrzehnten existieren. Aber ihre Verbreitung, wie sie geordnet und organisiert wird sind neu.

Wir können uns nicht zurücklehnen und akzeptieren, dass diese Plattformen nur existieren und das, was auf ihnen gesagt wird, nicht in ihrer Verantwortung liegt – obwohl es dort veröffentlicht wird. Sie sind der Herausgeber. Nicht nur der Postbote. Es kann nicht sein, dass sie nur den Profit einstreichen, aber keine Haftung übernehmen. Dies entlässt uns natürlich nicht aus der Verantwortung, die wir als Nation zeigen müssen, um Rassismus, Gewalt und Extremismus zu bekämpfen. Ich habe nicht alle Antworten, aber wir müssen sie gemeinsam finden. Und wir müssen handeln.

Herr Vorsitzender, wir sind zutiefst dankbar für alle Bekundungen von Mitgefühl, Unterstützung und Solidarität, die wir von unseren Freunden auf der ganzen Welt erhalten. Wir sind dankbar für die globale muslimische Gemeinschaft, die zu uns gehalten hat. Und wir stehen zu ihr.

Herr Vorsitzender, ich möchte betonen, dass wir mit Christchurch stehen in diesem verheerenden Schicksalsschlag. Dieses Einstehen wird helfen, Wunden zu heilen. Ich möchte jedes Mitglied dieses Hauses positiv erwähnen, das zu seiner muslimischen Gemeinschaft gestanden hat und es tut, vor allem aber diejenigen in Canterbury, deren Kummer am Größten ist.

Abschließend erkläre ich, dass es viele Geschichten gibt, die uns alle seit dem 15. März betroffen gemacht haben. Eine möchte ich erwähnen. Jene von Hati Mohemmed Daoud Nabi. Er war der 71-jährige Mann, der die Tür der Al-Noor-Moschee öffnete und die Worte „Hallo Bruder, willkommen“ aussprach. Seine letzten Worte. Natürlich hatte er keine Ahnung von dem Hass, der hinter der Tür lauerte, aber sein Empfang sagt uns so viel: Dass er Mitglied eines Glaubens war, der alle seine Mitglieder begrüßte, der Offenheit und Fürsorge zeigte.

Ich habe es oft gesagt, Herr Vorsitzender, wir sind eine Nation von 200 Ethnien und 160 Sprachen. Wir öffnen unsere Türen für andere und heißen sie willkommen. Und das einzige, was sich nach den Ereignissen vom Freitag ändern muss, ist, dass diese Tür allen, die Hass und Angst befürworten, verschlossen bleiben muss. Ja, die Person, die diese Taten begangen hat, war nicht von hier. Er wurde hier nicht erzogen. Er fand nicht hier zu seiner Ideologie. Aber das heißt nicht, dass es diese Ansichten nicht hier bei uns genauso gibt.

Ich weiß, dass wir als Nation unserer muslimischen Gemeinschaft in dieser dunkelsten Zeit jeden erdenklichen Trost bieten wollen. Und das tun wir. Die vielen Blumen im ganzen Land, die vor den Türen der Moscheen liegen. Das spontane Lied vor ihren Toren. Dies sind Möglichkeiten, um unsere Liebe und unser Mitgefühl auszudrücken. Wir möchten aber noch mehr tun. Wir möchten, dass sich jedes Mitglied unserer Gemeinschaften sich sicher fühlt.

Sicherheit bedeutet, frei von Angst und Gewalt zu sein. Es bedeutet aber auch, frei von Angst vor Rassismus und Hass zu sein. Denn diese schaffen einen Ort, der Gewalt gedeihen lässt. Und jeder Einzelne von uns hat die Macht, das zu ändern.

Herr Vorsitzender! Am Freitag wird  eine Woche seit dem Angriff vergangen sein. Mitglieder der muslimischen Gemeinschaft werden sich an diesem Tag zum Gebet versammeln. Erkennen wir dabei ihre Trauer an. Unterstützen wir sie dabei, wenn sie sich erneut zum Gebet versammeln.

Wir sind eins, sie sind wir. Tatau tātau (Māori: Sie sind wir). Al salam Alaikum (Arabisch: Friede sei mit euch) Weh Rahmat Allah. Weh Barakaatuh. (Arabisch: Möge der Friede, die Gnade und der Segen mit euch sein).

Die „Plattform Christen und Muslime“ meldet sich zum Streit um den Karfreitag zu Wort, weil es dabei um die Rücksichtnahme auf Minderheiten geht. Minderheitenschutz ist sowohl in der Verfassung, als auch in den Regeln der EU verankert. In einem traditionell römisch-katholischen Land dürfen die religiösen Minderheiten nicht zum Spielball politischer und wirtschaftlicher Interessen werden. Die jetzt geplante Lösung des Karfreitags-Problems ist nicht nur ein Schlag gegen die Evangelische und die Altkatholische Kirche; sie betrifft auch alle anderen religiösen Minderheiten, Juden und Muslime, Orthodoxe und Methodisten, Aleviten oder Buddhisten. Ihnen allen die ihrem Glauben entsprechende Feiertage zuzugestehen würde die österreichische Wirtschaft nicht in die Rezession treiben. Für die römisch-katholische Kirche, trotz laufender Kirchenaustritte immer noch in der Mehrheit, wäre es ein Zeichen des ökumenischen Anstands, einen der vielen katholischen Feiertage zugunsten des Karfreitags aufzugeben. Denn es könnte sein, dass sich auch diese Kirche in absehbarer Zeit in der Rolle eine Minderheit behaupten muss.

Adalbert Krims, Plattform-Mitglied, hatte eine Trauerrede zu halten. Der Wiener evangelisch-reformierte Pfarrer Balázs Németh war am 29. Dezember 2018 gestorben. Krims ließ Németh selbst zu Wort kommen – mit bemerkenswerten Texten, denen zufolge Friedensarbeit Kennzeichen christlicher Verantwortung ist.

„Der konkrete Einsatz der Christen für den Frieden ist ihre Visi­ten­karte. Wir verwen­den unsere Visitenkarte, wenn wir uns irgendwo vorstellen und über uns selbst etwas Entscheidendes aussagen möchten. In diesem Sinn ist in der Bibel die Friedens­stif­tung Visitenkarte und Kennzeichen der Christen. Nicht die gut formu­lierten dogmati­schen Aussagen, auch nicht ein from­mes Leben, auch nicht das Wissen über die christ­lichen Wahr­heiten, auch nicht eine tugendhafte Lebensführung machen die Christen als solche erkenntlich, sondern ein bestimmtes weltli­ches Handeln wird „selig“ gesprochen und zur unverfälschten Visitenkarte der Christen durch Jesus er­klärt: nämlich die Frie­dens­­stiftung. Wenn der Friede die Visitenkarte der Christen ist und nicht eine dogmatische Abgrenzung, dann sind alle ande­ren Menschen unse­re Schwestern und Brüder, die, von ande­ren Motiven und Traditionen herkommend, sich ebenfalls für den Frieden einsetzen.“

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 „Friedensstiftung macht uns frei von Vorurteilen gegenüber an­de­ren, die nicht so glauben und denken wie wir, aber sich für den Frieden einsetzen. Da müssen die Christen noch allerhand dazulernen, damit sie den Forderungen Jesu entsprechen!

Es ist allerdings traurig, wie sehr die Menschen, auch die Chri­sten, oft darauf schauen, aus welchem Haus jemand kommt, und nicht darauf, was für ein Haus er mit seinen Handlungen aufbaut: das Haus des Friedens oder das des Hasses und des Krieges… Es wäre gut, wenn Christen unter der Friedensstif­tung Jesu ihre Berüh­rungsängste aufgeben würden und bereit wären, auch mit Andersdenkenden zusammenzuarbeiten.“

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Wenn jemand ins Wasser gefallen ist und zu ertrinken droht, ist es nicht die Pflicht aller Um­herstehenden, ihm zu helfen? Und da kann keiner sagen: Ich helfe nicht mit, weil die anderen Helfer nicht so denken und glauben wie ich. Wo das Leben bedroht ist – und durch die Kriegs­gefahr wird es bedroht -, da ist nicht das das Entschei­den­de, wo­her der Mensch kommt, sondern wohin er geht. Geht er in Richtung Friedens­stif­tung, dann ist er mein Bruder und meine Schwester, und er gehört zu unserer Fami­lie, ganz gleich, aus welchem Lager er kommt.“

Von Barbara Coudenhove-Kalergi   ***  Die schiitische Moslemgemeinde in Wien wollte auf einem vom iranischen Staat gekauften Grundstück eine Moschee bauen. Abgelehnt. Die Begründung: Der ins Auge gefasste Standort liegt in einem Gewerbegebiet. Eine richtige Entscheidung? Oder eine falsche?

Derzeit gibt es in Österreich für 700.000 Muslime drei Moscheen: in Wien-Floridsdorf, in Imst und in Bad Vöslau. Zum Vergleich: Im kleinen ersten Bezirk in Wien stehen nicht weniger als 22 christliche Gotteshäuser. Das Gros der Muslime versammelt sich zum Beten in mehr oder minder obskuren Lokalen, von denen niemand weiß, wo genau sie sind. Religion im Untergrund. Der Zustand erinnert an die Zeit vor dem Toleranzedikt Kaiser Josephs II., in der es Protestanten und Juden verboten war, ihre Gebetsstätten öffentlich sichtbar zu machen. Beten ja, aber so, dass die Mehrheitsgesellschaft davon nichts mitbekommt.

„Pummerin statt Muezzin“ plakatierte einst die FPÖ, und „Daham statt Islam“. Man kann davon ausgehen, dass Moscheebauten in Wien und anderswo auf Proteste stoßen würden. Das war vor einigen Jahren auch in Bad Vöslau so, trotzdem einigten sich Stadt und islamische Gemeinde nach einigem Hin und Her auf den Bau einer modernen Moschee mit angedeuteten gläsernen Minaretten in einem eher gesichtslosen Arbeiterviertel. Zur Eröffnung kam der Bürgermeister, Derwische tanzten, und den Einheimischen gefiel es. Heute ist der unauffällige, aber architektonisch attraktive Bau ein allgemein akzeptierter Teil der Kleinstadt.

Wir leben derzeit in einer aufgeheizten Atmosphäre, in der die Regierung, mit dem Innenminister an erster Stelle, alles tut, um zugewanderten wie eingesessenen Muslimen das Leben schwerzumachen. Es wird abgeschoben, Rechte werden aberkannt, es wird verboten, weggesperrt und gestraft, was das Zeug hält. Aber die Muslime sind trotzdem da. Wäre es nicht gescheiter, die Präsenz eines europäischen, demokratiekompatiblen, sichtbaren Islam in Österreich zur Kenntnis zu nehmen und zu fördern, als so zu tun, als ob es diese Weltreligion „eigentlich“ nicht geben dürfte? Sammelpunkt für Extremisten Wir wollen keine Imame, die von der türkischen Religionsbehörde bezahlt werden. Dafür spricht einiges. Aber wir sorgen auch nicht dafür, dass hierzulande Imame eine solide, europäisch geprägte theologische Ausbildung bekommen. Moscheevereine ohne offiziellen Imam können umso eher zum Sammelpunkt für Extremisten werden. Wir lesen seitenlange Berichte über jede Rauferei, an der Ausländer beteiligt sind. Aber wir hören nichts von den syrischen Ärzten, die in Rekordzeit ihre Diplome auf Deutsch nostrifiziert haben und bereits erfolgreich in hiesigen Spitälern arbeiten. Nichts von der Volksschullehrerin mit Kopftuch, die von österreichischen Eltern inständig gebeten wird, doch ja an der öffentlichen Schule weiterzuarbeiten, weil sie ihren Job so gut macht. Und nichts von den afghanischen Freiwilligen, die in Hilfsorganisationen aufopfernd Dienst machen. –

Wer öffentlich sagt oder schreibt, dass der Islam zu Österreich gehört, kann Gift darauf nehmen, dass sofort ein Shitstorm auf ihn oder sie niedergeht. Die Gutmenschen sehen die Wirklichkeit nicht, heißt es dann. Aber die Antigutmenschen ignorieren einen anderen Teil der Wirklichkeit. Etwas mehr Gelassenheit täte uns wohl allen gut. An den türkischen Gemüsehändler und den persischstämmigen Zahnarzt haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Vielleicht gewöhnen wir uns eines Tages auch an die Moschee neben der Pfarrkirche im Grätzel.

Kolumne im Standard am 24. Jänner  2019, Seite 30

Die „Plattform Christen und Muslime“ bemüht sich um eine Klarstellung im Streit um die islamischen Kindergärten in Wien.

Um der notwendigen Objektivität willen kann die Durchführung von qualitativ-empirischer Forschung nur von ausgewiesenen und neutralen Sozialwissenschaftler/innen vorgenommen werden, die weder positiv noch negativ in die Sache involviert sind. Eine solche Forschung arbeitet mit thematisch offenen Interviews, die auf freiwilliger Bereitschaft zur Teilnahme beruhen. Hinzu kommt die Verpflichtung, die Interviewpartner/innen anonym zu halten. Daher kann auf diesem Weg eine „detaillierte theologisch-politische Landkarte der Kindergärten“ (Ednan Aslan, Der Standard 17.12.15) nicht erstellt werden.

Zu den Standards empirischer Forschung gehört, dass von den untersuchten Gruppen nicht auf alle Kindergärten geschlossen werden darf. Schon jetzt aber zeigt sich aufgrund der veröffentlichten Vorstudie, wie schnell ganz wenige Ergebnisse, deren Zustande­kommen zudem wegen fehlender Analysekriterien methodisch fragwürdig ist, alle Kindergärten unter einen Generalverdacht stellen.

Dieses Verfahren ist aus der Boulevardpresse bekannt; aber in seriösen Bereichen von Universität und Politik sollte darauf geachtet werden, dass dies nicht geschieht.

Empirische Forschung ist kein Kontrollinstrument. Kontrollen können notwendig und berechtigt sein, doch dafür gibt es Inspektor/innen, die gegebenenfalls eingreifen müssen. Es mag auch nützlich sein, diese Inspektor/innen zu schulen, damit sie Anzeichen von Extremismus besser wahrnehmen können. Aber die weitgehende Unkenntnis von Islam, Koran und den kulturellen Umgangsformen in manchen Herkunftsländern darf nicht dazu führen, einfache Redewendungen oder übliche Gebetstexte zu verdächtigen.

Es muss endlich klargestellt werden, dass es um Kontrolle geht. Kontrollabsichten jedoch mit dafür ungeeigneten wissenschaftlichen Untersuchungen zu bemänteln, wäre eine Irreführung der Öffentlichkeit.

 

 

Der Terror von Paris bewegt uns in gemeinsamer Trauer und in Solidarität mit den Maßnahmen zur Aufklärung und zum Schutz vor weiteren Verbrechen. Voraussetzung für alle Reaktionen muss die Klarstellung sein, dass Christen wie Muslime das Leben achten.

Die „Plattform Christen und Muslime“ hat sich zur Aufgabe gestellt, Frieden zu stiften, und unterstützt daher alle Bemühungen der Begegnung und des Dialogs.

Der Terror von Paris bewegt uns in gemeinsamer Trauer und in Solidarität mit den Maßnahmen zur Aufklärung und zum Schutz vor weiteren Verbrechen. Voraussetzung für alle Reaktionen muss die Klarstellung sein, dass Christen wie Muslime das Leben achten. Die Terroristen hingegen missbrauchen den Islam, denn ihre Religion verbietet ausdrücklich die Tötung unschuldiger Menschen. Wer Angst schürt, Muslime und Musliminnen pauschal verdächtigt und ihnen die Religionsfreiheit aberkennen will, betreibt das Geschäft der Terroristen. Denn es ist das erkennbare Ziel der  Drahtzieher des Terrors, den Konflikt anzuheizen, unsere europäische Gesellschaft zu spalten und Zwietracht zwischen den Religionen zu säen.

Die „Plattform Christen und Muslime“ hat sich zur Aufgabe gestellt, Frieden zu stiften, und unterstützt daher alle Bemühungen der Begegnung und des Dialogs. Dem bewaffneten Terror muss mit einer Abrüstung der Worte begegnet werden. Der Weg zur Deeskalation führt über die entschlossene Bemühung um gegenseitiges Verständnis und Vertrauen, beginnend im gemeinsamen Alltag von Christen und Muslimen bis in die Führungsetagen der Politik und der Wirtschaft.

Die Begegnung mit den Flüchtlingen, die sich gerade jetzt vor diktatorischen Regimen und dem blutigen Missbrauch des Islams in Sicherheit bringen wollen, bietet dazu eine besondere Chance.