Angesichts der unerträglichen Bedingungen in den Aufnahmezentren für schwerst traumatisierte Flüchtlinge appelliert die „Plattform Christen und Muslime“ an die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern, die Betroffenheit, ja Beschämung österreichischer Bürger über die herrschenden Zustände nicht zu unterschätzen. Es ist jetzt dringend geboten, sich einmal mehr jener landesweiten Hilfsbereitschaft zu entsinnen, die unser Land und seine Menschen in vergangenen Jahrzehnten ausgezeichnet habe.

Die Solidarität mit den Ärmsten, den Verzweifelten und Heimatlosen ist in Österreich keineswegs in Vergessenheit geraten. Sie braucht aber, um an Breite zu gewinnen, den Anstoß und die Unterstützung der Politik, der Medien und anderer Persönlichkeiten, die ihr Herz noch stärker als bisher dem Drama der in unserem Land gestrandeten Menschen öffnen könnten.. Es ist einer Demokratie unwürdig, die wahren Zustände, unter denen Flüchtlinge in Österreich derzeit zu leben hätten, hinter Mauern und Zäunen zu verstecken. Mitgefühl und Nächstenhilfe wachsen immer dort, wo die Österreicherinnen und Österreicher über das wahre Ausmaß der unwürdigen Situation informiert würden.

Nachdrücklicher Dank gilt jenen NGOs und Initiativen – vor allem christlicher und muslimischer Sozialorganisationen – die sich unter Einsatz all ihrer Kräfte jener solidarischen Qualität verpflichtet fühlten, die von Seiten der Politik noch immer zu wünschen übrig lässt. Die Botschaft „Es stehen in unserem Land mehr Menschen hinter Euch, als ihr glaubt“ muss so rasch wie möglich auch für die Flüchtlinge erfahrbar werden. Denn viele von ihnen sind in der Hoffnung nach Österreich gekommen, am Ende einer Odyssee ein zivilisiertes Land erreicht zu haben, das bereit ist, ihr Leid zu lindern. Enttäuschen wir sie nicht!

 

 

Die „Plattform Christen und Muslime“ wendet sich entschieden gegen den Versuch der PEGIDA-Bewegung, nun auch in Österreich – wie es heißt – „Unruhe zu stiften“.

„Das Schüren von Angst und Aggression auf der Basis von Halbwahrheiten und Ressentiments ist ein Angriff auf den solidarischen Zusammenhalt der Gesellschaft“ schreibt die „Plattform Christen und Muslime“ in einer Aussendung.

Der Islam mit seiner mehr als hundertjährigen Geschichte in Österreich habe nichts mit den Gewalttaten islamistischer Terroristen zu tun. Das „christliche Abendland“, das PEGIDA zu verteidigen vorgibt, sei längst weitgehend säkularisiert. Somit sei diese Bewegung ein Affront gegen Religion überhaupt und ignoriere die Tatsache, dass die christlichen Konfessionen immer wieder zum respektvollen Dialog mit dem Islam aufriefen, heißt es weiter.

Was heute dringend notwendig sei, sind Beispiele verständnisvollen Zusammenlebens und gemeinsamen Auftretens gegen Islam- und Fremdenfeindlichkeit sowie Aktionen der Begegnung und Vertrauensbildung. Muslime und Christen müssten mehr voneinander wissen, um Vorurteile abzubauen, fordert die „Plattform Christen und Muslime“.

In der Praxis des friedlichen Zusammenlebens erweise sich eine große Übereinstimmung unter den Angehörigen verschiedener Religionen und Traditionen. PEGIDA-Aufmärsche dienten dem Hass, nicht dem Frieden, schließt die „Plattform Christen und Muslime“ ihre Aussendung.

 

 

Mit Entsetzen schauen wir auf die Bluttat verbrecherischer extremistischer Gewalttäter, die im Namen des Islams auftraten. Wir fühlen mit den fran­zösischen Opfern, zu denen auch Juden und Muslime zählen. Wie tausende von Menschen, zu denen ebenfalls sehr viele Mus­lime gehören, erklären wir uns mit dem Geist der Brüderlich­keit solidarisch. Wir geben der Hoffnung Ausdruck, dass diese Solidarität imstande ist, einer Spaltung der Gesellschaft ent­gegenzuwirken, und wenden uns mit Nachdruck dagegen, wenn alle Muslime sowie die Reli­gion des Islams zu Sündenböcken gestempelt werden. Wer so agiert, arbeitet den Extremisten in die Hände und macht sich mitschuldig.

Hinter den Attentätern steht eine fundamentalistische Geisteshaltung, die sich in allen Religionen findet und radikalisieren kann. Auch aufgeklärte Geister sind nicht immer frei von fundamentalistischem Kampfgeist. Fundamentalisti­scher Extremismus ist nicht nur ein isla­misches, sondern auch ein anti-isla­misches Phäno­men. Fundamentalisten aller couleur set­zen auf das, was Menschen wertvoll ist, um mit einfachen Schlagworten zu punkten. Aber sie reißen Worte aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang und unterwerfen sie ihren eigenen zerstörerischen Interessen. Gewalttätiger Extremismus hat viele Ursachen, wie persönliche Krisen, soziale Missstände oder eine über Jahrzehnte verfahrene Politik, und kann nicht nur auf eine Ursache beschränkt werden. Daher warnen wir vor Vereinfachungen und davor, sich das Urteil zu leicht zu machen.

Wir vertreten mit Nachdruck die Meinungs- und Pressefreiheit als ein hohes Gut, das nicht preisgegeben werden darf. Denn wir wissen, wie lange Europa unter kirchlicher und staatlicher Zensur gelitten hat, und wissen, dass andere Länder auf diesem Globus immer noch darunter zu leiden haben. Es muss erlaubt sein, sich mit Religionen kritisch auseinander­setzen, auch in satirischer Form, denn alle Religionen und Weltanschauungen können einen ideologischen Charakter annehmen, der sich von der ursprünglichen menschenfreundlichen Absicht entfernt.

Dennoch: Wir sind nicht Charlie, und vertreten die Meinung, dass es sinnvoll ist und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt dient, sich die Freiheit zu nehmen, religiösen Men­schen und dem, was ihnen „heilig“ ist, mit Respekt zu begegnen. Dies trifft besonders für religiöse Minderheiten zu, die ohnehin in der Gesellschaft mit vielen Formen der Ausgren­zung und Diskriminierung und der Zuschreibung des „Fremdseins“ konfrontiert sind. Es geht nicht nur um Pressefreiheit, sondern auch um journalistische Verantwor­tung; und das nicht erst heute.

Wir fordern dazu auf:

den gewaltsamen Kreislauf von Aktion und Reaktion zu unterbrechen und sich für  Frie­den und gesellschaftlichen Zusammenhalt einzusetzen, nicht zuletzt im eigenen Interesse;

  • rhetorische Aufrüstung zu unterlassen, da jedem handgreiflichen Schlag hetzerische Worte vorausgehen;
  • über Religionen nicht zu urteilen, solange keine ausreichenden Kenntnisse vorhanden sind, und den Experten zu vertrauen;
  • religiöse Texte nicht naiv wörtlich zu nehmen, denn das würde bedeuten, den Extre­mis­ten nachzueifern;
  • religiöse Bildung persönlich und gesellschaftlich auf die Tagesordnung zu setzen;
  • sich um gegenseitiges Verstehen zu bemühen, anstatt Sündenböcke zu schaffen;
  • zu respektieren, woran das Herz religiöser Menschen hängt.